Das Dogma des realistischen Erzählens

Der Erzählmodus einer Geschichte („wie wird erzählt?“) beeinflusst unsere Wahrnehmung des Erzählten mindestens genauso sehr wie der Inhalt, und er ist Entwicklungen und Moden unterworfen, die aber meist im Hintergrund vonstatten gehen und nicht so auffällig sind wie „das neue große Trendthema“. Über einen Ausflug zum Film möchte ich klären, inwiefern der aktuell gängige Modus realistisch ist und welche Folgen sich daraus ergeben.
In einem (sehr lesenswerten) Essay zum 50. Jubiläum von Doctor Who (via Skalpell und Katzenklaue) bin ich auf folgendes Zitat zu längst überholter Tricktechnik gestoßen:

Es war eigentlich niemals so gedacht, dass man eine silbern angesprühte Spülmittelflasche anschaut und sie mit einem echten Raumschiff verwechselt. Vielmehr sollte man erkennen, dass es die Repräsentation eines Raumschiffs ist, um darauf hinzuweisen, dass die nächste Szene auf einem Raumschiff spielt. Es ist vermutlich unmöglich, diesen Blickwinkel heute noch einmal einzunehmen, und wenn man mich fragt, ist das ein bisschen schade.

Genauso schade wie die Tatsache, dass es keinen Ray Harryhausen mehr gibt. Und vielleicht spreche ich nur für mich, aber war ein Teil der Faszination von Hugo Cabret nicht dem phantastischen Erzählen eines George Méliès geschuldet, das etwas in uns anspricht, das den Zuschauer einlädt: Lass dich auf die Pappkulissen ein, tu so, als wäre es eine eigene Welt mit eigenen Regeln – und stell dir vor, was diese Welt für Wunder bereithält!
Diese Art des Erzählens ist durch CGI nicht zu ersetzen, auch wenn sie uns x-mal realistischere Bilder präsentieren, die ein viel müheloseres Hineinversetzen in die Filmwelt zulassen. Nichts stört mehr, nichts soll daran erinnern, dass hier eigentlich etwas künstlich in Szene gesetzt wird. Aber mit diesem Wandel ist auch etwas verloren gegangen.

In der Literatur gibt es kein CGI, aber trotzdem hat sich der Erzählmodus verändert. Auch hier ist das Gebot der Stunde ein gewisser Hyperrealismus, ganz speziell im phantastischen Erzählen (wo ja auch im Film die Bildwelt überlebensgroß sein muss).
Für die Literatur bedeutet das, man soll möglichst nicht mehr merken, dass erzählt (= durch einen Erzähler vermittelt) wird – wir wollen die unmittelbare, reale, von ablenkenden Elementen befreite Erfahrung. Und die erreicht man durch ein striktes Erzählen aus der Perspektive der Figuren: Man sieht, was die Figur sieht, weiß, was die Figur weiß, geht dahin, wo die Figur hingeht. Der Erzähler ist dabei völlig zurückgetreten, er macht sich unsichtbar. Das vermittelnde Element ist scheinbar verschwunden, und man kann sich mühelos hineinversetzen, ist zu jedem Zeitpunkt mitten in der Erzählung.

Das ist erst einmal etwas Gutes, und wer schon perfekt umgesetzte personale Erzähler gelesen hat (George R.R. Martins Song of Ice and Fire zum Beispiel), weiß, wie effektiv dieser Modus sein kann.
Aber es geht auch etwas verloren: ein künstlerischer Ansatz, ein Spiel mit Erzähler, Erzähltem und Erzählsituation. Eine Bandbreite von Möglichkeiten, Geschichten zu vermitteln, denen nicht immer und nicht nur damit gedient ist, wenn sie allein durch die Augen der Figuren dargestellt werden.
Wenn einem der Erzähler eine Information zusteckt, die die Figuren nicht haben, kann das entweder furchtbar holprig sein oder ein grandioses Instrument, um Spannung zu schüren. Dass ein Erzähler etwas vorwegnimmt, ist jedoch im momentan populären Modus beinahe ausgeschlossen, denn es ist unrealistisch, weil es in Erinnerung ruft, dass wir von einem Autor manipuliert werden.

Manchmal kommt es noch vor, dass bei erfolgreichen Geschichten mit dem Dogma gebrochen wird, aber dann nur über einen Trick: Patrick Rothfuss’ Kingkiller Chronicles bedienen sich eines solchen – indem Kvothe zum Erzähler seiner eigenen Geschichte wird, in einer künstlich geschaffenen Erzählsituation, stehen ihm plötzlich wieder alle erzählerischen Möglichkeiten offen, und er nutzt sie zum Übertreiben, Raffen, Ausmalen, Ironisieren, Mythenschaffen, für Vor- und Rückgriffe, Andeutungen und vieles mehr. Und prompt ist man ganz begeistert von der Erzählstimme dieses Werks.

Einer der effektivsten Mechanismen des Erzählens ist nämlich auch das Spiel mit Gesagtem und Nicht-Gesagtem, und das kommt beim Erzählen aus Figurensicht schnell zu kurz. Lücken eröffnen Räume für eigene Vorstellungen, etwa wenn man nach wenigen Attributen bei einer Figurenbeschreibung schnell ein Bild vor Augen hat, das viel vollständiger ist als das, was schwarz auf weiß dasteht:

With long strides, the swordsman walked across the desert. Gravel crunched beneath his sturdy leather boots. His eyes were dark, his nose a blade. He wore robes, very dusty, and a flowing headdress, all suitable for the high stony land on which he walked. On his back he carried a pack with dried food, a skin shelter, and a rolled-up carpet to lie on.

Mehr Beschreibung gibt es nicht, aber allein der Teppich wirkt Wunder. Und die Lücken füllt man mühelos mit eigenen Vorstellungen auf. Aristide, die Hauptfigur aus Implied Spaces von Walter Jon Williams, könnte sich übrigens niemals selbst auf diese Weise beschreiben (das klingt dann nämlich so: „I’m a little bit magnificent, myself.“), dazu ist eine Erzählerinstanz nötig. Die beschreibende Ebene ist allerdings nur das einfachste Beispiel dafür, wie effektiv man Dinge weglassen kann. Lücken und Ungesagtes lassen zu, dass der Leser oder die Leserin etwas von sich einbringen. Wenn man die Geschichte unmittelbar aus den Augen einer Figur erfährt, ist für Ungesagtes nicht mehr viel Platz, denn ganz im Sinne des realistischen Erzählens würde sich die Leserschaft betrogen fühlen, wenn die Figur, die scheinbar offen und ungefiltert vor einem liegt, Informationen unterschlägt.

Die Implied Spaces aus oben zitiertem (und in einer ganzen Reihe von Erzählmodi verfasstem) Roman sind übrigens jene vermeintlich leeren Räume, die sich von selbst füllen – jene Räume, die ein Schöpfer beim Schöpfungsprozess nicht kontrollieren kann. Und vielleicht geht es ja auch darum beim Realismus und dem Verschwinden der Erzählerinstanz: Kontrolle, denn über die reine Figurensicht kontrolliert der Autor sehr genau das, was über diesen schmalen Korridor vermittelt werden kann – und der Leser hat zumindest die „Kontrolle“, dass nicht irgendetwas völlig Merkwürdiges passieren kann.
Erwartungshaltung Aufbauen, Vorausdeuten, Heraufbeschwören, Lücken vom Leser füllen Lassen – das sind meiner Meinung nach Elemente, die Prosa anderen Erzählformen voraus hat, sie sind teilweise charakteristisch fürs schriftliche Erzählen, und man verschenkt einiges, wenn man sie zugunsten des Realismus fallen lässt. Macht man sich bewusst, dass es mehr als einen Erzählmodus gibt, und fängt an zu experimentieren und die Kontrolle ein klein wenig aufzugeben, kann man nur gewinnen.

Übrigens sehe ich furchtbar gern toll gerenderte Raumschiffe durchs All fliegen und lese gut gemachte personale Erzähler, um durch die Augen eines anderen zu blicken, aber gerade als Fan des Phantastischen liebe ich ein träumerisches Interpretieren der Welt, die Möglichkeit des Wunderbaren, wenn der Mond ein Gesicht haben kann und Waldgeister unter Bäumen wandeln, die aussehen wie aus Seidenpapier ausgeschnitten, und wenn ein Erzähler auf verschlungenen Pfaden vorausgeht oder einfach nur Türen einen Spalt weit öffnet, durch die man gehen kann, wenn man will.

13 Kommentare

  • Sehr schön gesagt, gerade der Schlusssatz. Was durch das hyperrealistische und damit oft sehr vereindeutigende Erzählen nämlich auch ein wenig verloren gehen kann, ist die Entscheidungsfreiheit des Lesers, wie er sich bestimmte Dinge im Detail vorstellen möchte (oder eben auch nicht).

  • Der Eintrag spricht mir aus dem Herzen. Ich liebe erkennbare Erzähler, die munter drauflosfabulieren, die Geschichte ausschmücken, Details weglassen, Ereignisse kommentieren, abschweifen (muss ja nicht mythenmetzche Ausmaße haben), forshadowing betreiben usw.

    Es ist wirklich schade, dass so viele Autoren und auch Leser dem Irrglauben des dogmatischen »Show Don’t Tell« erliegen sind.

    Ich liebe die Stimme des Erzählers in »Fool on the Hill« von Matt Ruff, in »Life of Pi« von Yan Martel, oder den Tod selbst, der die Geschichte in Markus Zusacks »The Book Thief« erzählt. Es macht einfach Spaß sympathische Erzähler zu lesen; das gibt Raum für Poesie.

    Ein »unreliable Narrator«, also ein unzuverlässiger Erzähler, kann für tolle Kniffe in der Erzähltechnik und damit in der Wirkung der Geschichte sorgen (siehe »The Turn of the Screw« von Henry James«).

  • Sehr schön und interessant. Ich frage mich allerdings, ob die Charakterisierung dieser Erzählweise als “realistisch” so treffend ist. Inwieweit ist ein auktorialer Erzähler weniger “realistisch”?
    Dass es irgendeinen Zusammenhang zwischen dem modischen Pseudorealismus (Grim & Gritty etc.) und der Vorliebe für die personale Erzählperspektive gibt, halte ich freilich auch für wahrscheinlich. Wie genau der aussieht? Keine Ahnung. Könnte es etwas damit zu tun haben, dass in unseren postmodernen Zeiten der Glaube an eine objektive Wahrheit in Verruf geraten ist? Es gibt nur noch subjektive Wahrnehmungen und Sichtweisen. Ein auktorialer Erzähler ist eher in der Lage, dem Ganzen der Geschichte einen “Sinn” zu verleihen. Doch genau das ist heutzutage ja ziemlich verpönt.
    Gleichzeitig engt die strikt personale Erzählperspektive unsere eigene Freiheit im Umgang mit dem Erzählten ein, wie du sehr schön beschreibst.
    Hmmm, auf jedenfall ein interessantes Thema.

    PS: Méliès war wirklich großartig, auch wenn mir das hier ja noch besser gefällt als “La Voyage dans la Lune”: http://www.youtube.com/watch?v=8oFnOAnL8Ss

  • Ich bin auch nicht ganz sicher, ob “realistisch” ein 100%iger Treffer ist … Allerdings glaube ich schon, dass der Hang zu “Show, don’t tell” und Figurensicht aus dem selben Impuls heraus erwächst wie die immer perfekteren Kinobilder: Realistisch wäre in diesem Fall entgegengesetzt zu “erkennbar künstlich” zu verstehen. Und am auktorialen Erzähler (oder einer sonstwie erkennbar in den Vordergrund tretenden Erzählerinstanz) ist eben das Mittelbare künstlich, die geschaffene Erzählsituation, anstelle einer Darstellung des “natürlichen/realistischen Ablaufs”
    Ich glaube aber, dass du (@Peter) mit deiner Beobachtung zu Objektivität und Subjektivität an einer anderen Dimension desselben Phänomens dran bist. Ich würde auch davon ausgehen, dass dahinter auch gesellschaftliche Entwicklungen stecken, das kommt ja nicht von ungefähr, was da für Themen und Methoden aufploppen.
    Und danke für den Link – wunderbar!

    @Pogopuschel: Ja, genau solche Möglichkeiten meinte ich! Und selbst wenn das Ganze nicht so prominent in den Vordergrund tritt, kann man noch allerhand Interessantes machen, wenn man nicht an der Figur klebt oder in ihr drinsteckt.

  • Show don’t tell wird ja dann von manchen Autoren nochmal auf die Spitze getrieben mit “Don’t show, don’t tell, let the reader think about it” 😀 Was Erikson ganz gerne gemacht hat.

    Welche Erzählweise man nimmt, hängt ja ganz stark von der Geschichte an sich ab, die ich erzählen will. Die Weitseher-Bände z.B. eigenen sich für die Ich-Perspektive sehr gut, in Zusammenhang mit dem etwas unwissenden Erzähler.

    In anderen Geschichten, die ein wenig mehr “light-hearted” sind kann man bei einem Persönlichen Erzähler auch mal gerne eine Prise Humor/Ironie/Sarkasmus einstreuen, die sozusagen von dem Erzähler selbst kommt, und nicht aus der Situation im Buch.

    Für Anderes eignet sich eher der auktorialen oder auf der anderen Seite der “unzuverlässigen Erzähler”, bei dem (letzterer) erst nach und nach klar wird, welche Informationen, die man bekommen hat wahr sind, oder wie man diese auslegen sollte/könnte…

    Ich hab lieber weniger Info-dumping, als durch Geschehnisse vieles selbsterklärend erzählt zu bekommen, aber wenn’s denn nun mal doch alles klitzeklein dargelegt wird, dass man ja nicht auf den Verdacht kommt, da könnte etwas nicht richtig sein, ist’s auch ok.

    Dass eine Methode besser ist als die andere finde ich auch nicht. Immer abhängig davon, welche Geschichte ich wie erzählen will. Von daher finde ich es auch schade, wenn Autoren auf einen Zug aufspringen, und erfolgreiche Erzählkonzepte versuchen auf ihre Story umzumünzen, obwohl eine andere Struktur evtl. besser gewesen wäre…

    Aber der Trend in ein dieser Richtungen ist schon irgendwo erkennbar. Aber das ändert sich bestimmt auch wieder mit der Zeit 🙂

  • Aristide!
    Ein sehr schöner Artikel und ein sehr spannendes Thema. Was mir dazu einfällt, ist auch das vage Gefühl, dass Autorem dem Leser auch wirklich gar nichts mehr zutrauen. Immer wieder fällt mir auf, dass geschickt mit Anspielungen, Andeutungem und Nichtgesagtem gespielt wird – nur um 2 Seiten später alles, aber wirklich auch alles idiotensicher zu erklären. Das ist mir bei einem Roman letztens enorm aufgefallen, und er war so mies, dass ich mich beim besten Willen nicht daran erinnern kann, wie er hieß. Jetzt lese ich gerade “Dodger” von Pratchett und kann (milder) das gleiche Phänomen feststellen.
    Traurig finde ich, dass dadurch dieser Lesekitzel – meint er wirklich? Könnte es wirklich sein, das…? WIRKLICH?? – zerstört wird. Aus der süßen Ahnung wird platte Gewissheit.

    Erwähnen möchte ich an dieser Stelle, dass ich das Gegenteil für genauso nervig und sehr prätentiös halte: Tausend Anspielungen, die so vage sind, dass sich in ihrem Nebel alles verstecken könnte. Leider verdeckt dieser Nebel auch jegliches schriftstellerisches Geschick.

    Vielleicht ist das wirklich die große Kunst: der Spagat zwischen Sagen und Nicht-Sagen, zwischen schöner Aussicht und dicken Nebelfelder in einer Erzähllandschaft.

  • Ein schöner Artikel, allerdings geht hier meines Erachtens einiges durcheinander; zum Begriff “Realismus” haben andere ja schon was gesagt. Aber auch die Unterscheidung der Erzählsituationen scheint mir etwas schief; wenn wir mal vom einfachsten der gängigen Modelle hierzu ausgehen, nämlich dem von Stanzel (http://de.wikipedia.org/wiki/Typologisches_Modell_der_Erzählsituationen), dann ist das, was Martin & Co. die letzten Jahre so exzessiv praktizierten, wie Du schon sagst die personale Erzählsituation. Der von Dir zitierte Ausschnitt von Williams macht aber noch nicht eindeutig klar, ob wir es hier mit einer personalen oder einer auktorialen Erzählsituation zu tun haben, und das von Dir angeführte Gegenbeispiel ist ein Ich-Erzähler, also wieder eine andere Baustelle.

    Und was das von Dir gewünschte Spiel mit dem Gesagten und Nicht-Gesagten, die vom Leser selbst zu füllenden Lücken angeht, schließt sich das mit einer personalen Erzählsituation absolut nicht aus. Hemingway ist ein gutes Beispiel dafür. Und Ich-Erzähler können dieses Mittel erst recht einsetzen. Ich stimme Dir da völlig zu: Nichts ist interessanter als das, was NICHT gesagt ist. Und das gilt insbesondere in diesen beiden Erzählsituationen, wo wir so nahe an der Figur dran sind bzw. ihr direkt zuhören.

  • @JL: Mir geht es letztlich nicht nur um den personalen Erzähler, denn der kann, wie du sagst, durchaus gut mit Lücken hantieren (ein unzuverlässiger Erzähler ist z.B. auch häufig personal oder Ich-Erzähler, oder siehe Rothfuss), sondern seine Kombination mit einer fast ausschließlichen Neigung zum dramatischen (statt narrativen) Modus – und natürlich die Frage, wie tief man im personalen Erzähler drinsteckt.
    Beim Williams-Zitat (in dem Roman ist jedes Kapitel völlig anders erzählt, deswegen später auch der Ich-Erzähler) würde ich von einer externen Fokalisierung sprechen (aber den Begriff habe ich oben absichtlich weggelassen), und ist das nicht auch das, wo bei Hemingway oft mal die Tendenz hingeht?

    Die Schublade mit dem personalen Erzähler hat schon eine Menge zu bieten, das nicht unbedingt dem Hyperrealismus verpflichtet ist. Aber ich kenne kein eindeutiges und gängiges Label für die Schublade “so wie Martin & Co.”…
    Ich hoffe, es findet sich noch was, das Thema treibt mich nämlich sicher noch öfter um.

  • Danke für die Erklärung. Ich glaube, mir war erst nicht ganz klar, worauf Du hinauswillst, und ob Du Dir statt der personalen Erzähler wieder mehr auktoriale oder mehr Ich-Erzähler wünschst, und was genau Du an deren Verwendung kritisierst. Mit Genette kommen wir hier glaube ich weiter 🙂 Auf jeden Fall wirft einem Hemingway nicht alle drei Zeilen die Gedanken seiner Figuren um die Ohren, so wie Martin. Ich finde “Hyperrealismus” immer noch kein gutes Wort dafür, denn es ist wirkt auf mich weder sonderlich realistisch noch sonst wie “hyper”, sondern offen gesagt ziemlich dröge; wie eine Schreibübung an der Uni, bei der man stur eine bestimmtes Stilmittel, eine bestimmte Art zu Erzählen durchzieht, und insbesondere eine, bei der der Leser nicht viel mitdenken muss und alles mundgerecht serviert bekommt. Hinsichtlich Deines Vergleichs zum CGI-Kino stimme ich Dir da absolut zu: Wenn man einfach immer alles zeigt und ausspricht, ist das ziemlich uninspiriert.

  • Klaus Schilling schrieb:

    Ich bin kein Realist, und will auch nicht wie ein solcher klingen; weshalb ich am editorial omniszienten Narrator und am infodumping festhalte. Kein Kritiker wird mich je von meinem Weg abbringen koennen.

  • Simone schrieb:

    Ich weiß halt nicht, inwiefern man sich solchen erzählerischen Moden ganz verschließen kann. Kritikerschelte kann man ja verschmerzen, aber die Frage ist, was die Leser wollen. Gute Literatur, hofft man!

  • Als jemand, der sich für Literatur interessiert, finde ich das Dogma des realistischen Erzählens faszinierend. Dieses Dogma besagt, dass literarische Werke realistisch und naturgetreu sein sollten, um das Leben und die Gesellschaft genau widerzuspiegeln. Es betont die Wichtigkeit von Glaubwürdigkeit und Authentizität in der Literatur, um eine Verbindung zwischen Autor und Leser herzustellen. Obwohl das realistische Erzählen viele Stärken hat, gibt es auch Raum für andere Erzählstile und -techniken, die die Fantasie anregen und die Grenzen der Realität überschreiten können.

  • Simone schrieb:

    Danke für die Rückmeldung!
    Ich denke auch nicht mal, dass sich das gegenseitig ausschließen muss. Auch im Spekulativen/Fantastischen ist Raum für Realistisches, im Sinne von Wahrheiten, die tiefer gehen als Fakten. Und außerdem lassen sich auch Techniken einsetzen, die Dinge realistisch erscheinen lassen. Es gibt da ein Zitat aus einem Interview mit Gabriel García Márquez, wie er das Fantastische mit realistischer Wirkung wiedergibt. “Das ist ein Trick aus dem Journalismus, den man auch in der Literatur anwenden kann. Sagt man, Elefanten fliegen am Himmel, wird einem keiner glauben. Aber wenn man sagt, dass 425 Elefanten über den Himmel fliegen, glauben einem die Leute wahrscheinlich.”

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