Auf die Unterscheidung zwischen reader’s writers, kommerziell erfolgreichen Autoren und Autorinnen, die quer durch die Bank gern gelesen werden, und writer’s writers, deren Werk vor allem von ihren Schriftstellerkollegen geschätzt wird, stößt man immer wieder: Der eine oder die andere klagt, nicht aus der Writer’s-Writer-Kategorie ausbrechen zu können, während die Literaturkritik das Label eher wie eine Auszeichnung verleiht.
Aber ist es überhaupt eine legitime Kategorie? Es gibt gut verkäufliche Autoren und schlecht verkäufliche Autoren, es gibt anspruchsvolle und seichte. Manche schreiben für eine Nische, andere für alle – naja, vergleichsweise viele. Was prädestiniert einen zum Writer’s Writer, und ist es nicht einfach ein bisschen arrogant, sich einen Misserfolg damit schönzureden, dass die Normalleser und -leserinnen das Werk einfach nicht goutieren wollen oder können?
Die Writer’s-Writer-Kategorie impliziert im Grunde, dass Autoren einen anderen Geschmack haben als Leser, was als Pauschalaussage ziemlicher Blödsinn ist, denn Autorengeschmäcker sind genauso unterschiedlich wie Lesergeschmäcker. Was aber viele Autoren vereinen dürfte, ist die Tatsache, dass sie einen genaueren Blick hinter die Kulissen (des Erzählens, der Sprache …) geworfen haben als alle anderen, schließlich ist das ihre Arbeitsgrundlage. Und wenn man sich auf einer täglichen Basis mit etwas auseinandersetzt, freut man sich womöglich auch wie ein Schneekönig, wenn jemand virtuos mit diesen Instrumenten umgeht, einen augenzwinkernden Insiderwitz macht oder sich einfach sehr bewusst und geschickt auf der Metaebene bewegt.
Man kann also davon ausgehen, dass solche Spielereien andere Autoren besonders ansprechen – aber schließt man damit die Nur-Leser wirklich aus? Die besten Geschichten ködern beide Gruppen, denn darin ist der Blick auf die Meta-Ebene ein Kann, kein Muss, ein unverkrampfter Bestandteil des Ganzen.
Dazu kommt, dass auch Leser und Leserinnen Erfahrungen sammeln und im Geschichtenflirren der Popkultur mit allen Wassern gewaschen sind. Der Blick hinter die Kulisse wird mitunter zum Allgemeingut, und egal, ob man Klischees gegen den Strich bürstet, durch die Vierte Wand bricht, auf die Meta-Ebene verweist oder ganz andere Konventionen auf den Kopf stellt – es gibt für alles populäre Beispiele, wenn auch vielleicht nicht bei den Harry Potters und Bellas und Edwards dieser Welt.
Platz für den Writer’s Writer scheint es also zu geben. Klar vom Leserliebling abgrenzen lässt er sich eigentlich nicht. Aber es schadet sicher nicht, sich Gedanken darüber zu machen, was man für wen schreibt, und das ist vielleicht ohnehin der beste Ansatz: Von den Lesern auszugehen und sich zu fragen, welche man gerne haben möchte – ob man „Reader-Readers“ Zerstreuung bieten will, oder „Writer-Readers“ überraschen, herausfordern und auf Interessantes stoßen. Beim Lesen finden Geschichten ja im Kopf des Lesers statt und er oder sie wird mindestens ein Verbündeter beim Erzählen – es würde mich daher nicht wundern, wenn sich unter den Leuten, die zum Buch greifen, eine ganze Menge potentieller Writer-Readers tummeln. Mit guten Geschichten gefüttert entwickeln sich vielleicht ein paar davon zum Lieblingsleser oder sogar Autor …
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